Donnerstag, 16. Februar 2012

Schwedentagebuch: Musherego

Ausser den Dänen haben wir auch deutsche Nachbarn, Uschi und Detlef und ihre 10 Hunde. Die waren schon letztes Jahr hier gewesen und haben uns durch ihre eigenwillige Art Hundeschlitten zu fahren amüsiert. Dieses Jahr haben sie 2-3 Hunde mehr dabei und Detlef fährt jetzt anstatt 5 Hunde, die er nicht im Griff hat mit 9 durch die Botanik, die er noch weniger im Griff hat.
Im Griff haben bedeutet dabei, dass man es schafft seine Hunde dazu zu bringen, dass sie dahin laufen wohin man will und nicht die Hunde entscheiden zu lassen.
Letztes Jahr traf ich Detlef auf dem See vor unserem Haus, den man überqueren muss um auf die Trails zu kommen. Detlef war lange vor mir gestartet und nun sah ich ihn wie er zicksack auf dem See fuhr. Mal nach rechts, dann Kehrtwende und zurück, dann mal nach links, hin und her. Es sah aus, als übe er für Dressurschlittenfahren. Vom Fleck kam er kaum und war auch ständig sehr lange auf dem Trail.

Dieses Jahr fährt Detlef also mit 9 Hunden. Ein offenes Gespann ist eine Herausforderung, denn 9 Hunde sind kaum noch zu bremsen. Offenes Gespann das ist die Königsdisziplin. Dachte sich Detlef scheinbar auch. Wenn er wie von der Tarantel gestochen den Hügel hinter dem Haus Richtung See runterbretterte, dachte man sich "mein lieber Scholli die gehn ja ab". Dem besten Freund von allen erzählte er dann auch, dass diese Hunde laufen wie die Hölle, die wären richtig gut.
Ich konnte mir das nicht vorstellen, denn ich hatte ihn letztes Jahr ein paar Mal auf dem Trail erlebt und hey, was weiss ich schon!
Dann kam der Montag. Ich hatte meinen Schlitten schon festgebunden, war gerade dabei einzuspannen, als Uschi rüberkam und mich bat ihren Mann, der auch gerade einspannte vor mir starten zu lassen, denn er wär ja viel schneller als ich. Ich sagte nur "kein Problem", dachte aber "viel schneller als ich LOL!"
Detlef fuhr also mit viel Gepolter und Getöse in voller Speed den Hügel runter. Ich wartete kurz und fuhr hinterher.
Das erste Mal stand Detlef nach 300m, noch nicht mal auf dem See. Das zweite Mal stand er auf dem See, das 3. Mal stand er ca. 100 m nach der Stelle, an der er beim 2. Halt gestanden hatte.
In der Zwischenzeit hatte ich auf eine parallele Spur eingefädelt und war an ihm vorbei. Da waren wir gerade mal 500 m gefahren. Ich lies ihn aber vor mir auf den Trail, weil "er ist ja schliesslich viel schneller als ich", denn er hat ja mehr Hunde als ich. Deutlich mehr.
Kurz nach dem Detlef den See verlassen hatte stand er wieder. 3 seiner 9 Hunde mussten mal. Oben am Ende der Auffahrt stand Detlef dann wieder, denn weitere 3 seiner 9 Hunde mussten mal. Detlef stand hilflos auf dem Schlitten und seine Hunde schnüffelten und pinkelten in aller Ruhe. Dann war Detlef verschwunden. Klar, er hat 9 Hunde, ich 3.
An der ersten Steigung nach einem Flachstück, also 300 m später hatte ich Detlef wieder genau vor mir. Im Abstand von 5 m fuhr ich dann hinter ihm her. Er mit 9, ich mit 3 Hunden.
Detlef fing an sich ständig umzudrehen und meine Hunde fingen an das lustig zu finden und liefen wie die Feuerwehr hinter Detlef her.
Auf dem ersten See des Trails stand Detlef schon wieder. Er wollte dass ich vorbeifahre, ich lehnte aber ab, denn Detlef hat Beisser im Team, ich wär nie an ihm vorbeigekommen. Also fuhr Detlef weiter, mich im Schlepptau. An jeder Steigung musste Detlef absteigen und hinter seinem Schlitten herwieseln. Er feuerte seine Hunde ständig an, drehte sich mindestens genausooft um um zu checken ob ich noch hinter ihm war (war ich) und klatschte in die Hände, in der Hoffnung, dass die Hunde endlich ordentlich liefen. Das taten die aber nicht. Ich klebte Detlef irgendwann fast in den Kniekehlen. Meine Hunde zogen mich die Hügel hoch, die Detlef zu Fuss gehen musste, trotz 9 Hunden. Bergab fuhr er mir ein paar m davon, auf ebenen Strecken holte ich ihn wieder ein. Und so ging das 10 km lang. Wäre Detlef links abgebogen, wäre ich hintendran geblieben, aber so fuhr er gerade aus, Richtung Fjäll  und dahin wollte ich nicht.
Als wir wieder zuhause waren hab ich die Story natürlich brühwarm dem besten Freund von allen erzählt, der das gar nicht glauben wollte. Normalerweise können kleine Teams nicht an grossen Teams dranbleiben, schon gar nicht auf die Distanz. Ich hatte aber Beweisbilder gemacht und gefilmt...hehe.
Ich denk, dass das so  manchen Musher angepiept hätte, wenn ein kleines Team wie Patex am offenen Team geklebt hätte. Das geht gegen das Ego. Aber sowas von. Ist wie wenn man mit seinem Porsche über die Autobahn fährt und von einem Trabbi verfolgt wird.

Als wir abends draussen bei den Hunden standen kam Detlef rüber. Wie sehr ihn die ganze Sache genervt hatte war offensichtlich als er fragte ob er mich denn sehr aufgehalten hätte. Innerlich hab ich mir einen gegrinst. "Nöööö" sagte ich. "ich hab keinen Sinn drin gesehen zu überholen",
Hehe. Dann erzählte er mir noch, dass er superweit gefahren wäre (so ca. 60 km). Das kann aber nicht sein, denn der beste Freund von allen und ich kennen die Strecke und so wie der unterwegs war, hätte er das nie in der Zeit geschafft, die er gebraucht hatte.
Seine Frau hat übrigens nicht mehr gefragt ob er vor mir starten darf.....

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen