Samstag, 18. Februar 2012

Schwedentagebuch: Malamutenalarm

Gestern hatte ich so richtig grosse Pläne. Ich wollte ins Fjäll fahren. Natürlich auf die harte Tour über den Einstieg der einen auf einer ziemlich steilen Rampe direkt nach oben führt, anstatt im langen und weniger heftigen Weg nach oben von der anderen Seite.
Kurz vor der Abzweigung ins Fjäll entschied ich mich anders und fuhr auf eine Strecke, die mich nach 15 Kilometern wieder nachhause bringen würde, anstatt nach 30.
Ich traf unterwegs auf einen Schweizer, den ich für die Frau von der örtlichen Huskytourenmannschaft gehalten hatte, und seine ängstliche Frau, die mit ihren 3 Hunden hinter seinem 6er Team herfuhr und sich fast in die Hosen machte, als sie mir, die ich den beiden entgegen kam, vorbei musste.
Das ist immer ein spannender Moment, wenn ein anderes Team auf einen zukommt, denn man weiss vorher nie wie das ausgeht.
Ich hatte noch ca. 7 Kilometer vor mir  als ich von weitem eine rote Mütze und einen roten Norwegerpullover aufleuchten sah. Innerlich stöhnte ich auf. Es handelte sich um meine Nachbarn aus Deutschland, die immer mit 6 riesigen Malamuten am Schlitten und 2 genauso grossen Malamuten an der Pulka unterwegs waren.
Für die, die nicht wissen was eine Pulka ist: zwei bis 4 Hunde laufen zwischen zwei biegsamen Stangen hintereinander angespannt und ziehen einen kleinen Schlitten - die Pulka. An der Pulka hängt ein Mensch auf Langlaufskiern.
Ich hatte ein ganz doofes Gefühl, als ich sah, dass die beiden wie schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen anhielten, sobald sie mich sahen. Die Musherin, die mit 6 Hunden am Schlitten unterwegs war, warf ihren Schneeanker und rannte nach vorne zu ihren Leithunden, zog sie ein Stück zur Seite und hielt den einen am Halsband fest. Dann winkte sie, damit ich vorbeifahre.
Ich schwitzte ein bisschen, denn heute sahen die Malamuten irgendwie gefrässig aus. Hinter dem Team stand der Mann der Musherin mit den zwei anderen Hunden vor der Pulka und er winkte auch.
Ok, nun galts. Ich war schon beim letzten Mal nur mit Schwierigkeiten an den Malamuten vorbeigekommen. Malamuten sind berüchtigt. Mit einem Kampfgewicht von 40-45 Kilo und einer Rückenhöhe von um die 70 cm sind sie um einiges grösser und stärker als ein Siberian Husky. Malamuten sind wilder als Siberian Huskys, ich kenne kaum ein Rudel in dem nicht mindestens 2-3 Hunde Narben von Kämpfen im Gesicht haben oder wo Stücke am Ohr fehlen. Malamuten machen kurzen Prozess und es gibt nicht wenige, die mit einem unguten Gefühl so ein Team überholen oder an ihm vorbei fahren.
So auch ich.
Ich war gerade mit meinen beiden Wheelern (das sind die Hunde, die dem Schlitten am nächsten sind) auf der Höhe der Leithunde als der grössere der beiden, ein Monstrum von einem Hund mit einem Kopf wie ein Ochse, über seinen Nachbarn sprang und sich auf meinen links laufenden Wheeler stürzte. Er packte ihn am Genick und drückte ihn nach unten. Mein Wheeler brummte und knurrte, aber es nützte ja nichts. Die Musherin wurde von der Kraft des Hundes zuerst nach vorne gerissen, wo sie aber das Gleichgewicht verlor und zurück auf den Hintern in den Schnee plumpste. Dann schrie ich wie am Spiess, woraufhin der Malamute meinen Hund losliess. Ich konnte meinen Hund zurückziehen und ein Stück weiterfahren.
Wie es sich gehört, fragte ich ob der Malamute was hätte. Nein, sagte die Musherin. Gefragt ob mein Hund was hätte hat sie nicht.
Statt dessen erklärte sie mir, dass ihre Hunde ja sonst an allen Teams vorbeigehen - ohne Probleme.
Das ist jetzt diese "Das hat er noch nie gemacht" - Mushervariante.
Wenn ihr Team  so sicher an allen anderen entgegenkommenden Teams vorbeigeht - warum springt sie dann jedes Mal (der beste Freund von allen hat das auch schon erlebt) vom Schlitten und zerrt ihre Leader zur Seite, hält sie fest und wartet, bis man vorbei ist????
Aber es lohnt nicht solchen Leuten zu sagen, dass sie irgendwie falsch liegen.
Also bin ich weitergefahren und war froh, dass mein Hund diesen Angriff unbeschadet überstanden hatte.
Plötzlich hörte ich aus der Ferne Hundegeheul. Na bestens. In meiner Vorstellung stand irgendwer irgendwo mitten auf dem Trail, sortierte seine Hunde oder hatte Probleme mit einem anderen Team. Und jetzt noch ich dazu, mit dem Erlebnis von eben....
Ich fuhr weiter, es ging leicht bergab, ich machte die Schneematte runter, damit es nicht zu schnell wurde und in dem Moment sah ich auf der linken Seite, direkt am Trail zwei Männer und bestimmt 12 Huskys. Na super.
Die standen eigentlich in der falschen Richtung um jemanden vorbei zu lassen, aber sie hielten ihre Hunde fest und winkten, damit ich vorbeifahre. Während ich die 12 Hunde in knappem Abstand passierte, roch ich Rauch und schaute nochmal genauer hin.
Die beiden Männer standen da nicht um mich vorbei zu lassen - die machten da Pause. Etwas weiter hinten brannte ein Feuer unter einem Topf, es lagen Decken und Material herum.
Keine 10 cm neben dem meistbefahrenen Trail in dieser Gegend hatten die Herren ihr Lager aufgeschlagen.
Meine Freundin U. sagte letztens, dass alle Musher doch irgendwie Freaks wären und ich finde damit hat sie 100% recht.

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