Montag, 21. März 2011

Kommt ein Musher geflogen

Es war im letzten Jahr in Schweden. Meine Freundin B. und ich hatten nachmittags beschlossen mit dem Rentnerhund und einem Welpen spazieren zu gehen. Wir waren gerade auf dem Nachhauseweg als wir plötzlich Hundegeheul hörten: da spannte jemand ein und würde gleich los fahren. Aus der Richtung konnte es eigentlich nur die Chaostante sein und richtig, als wir näher kamen sahen wir sie wie sie gerade dabei war Hunde einzuspannen. Wir beschlossen nicht weiterzugehen und in sicherem Abstand zu warten bis die Tante weg ist.
Die Chaostante bewohnte ein Haus direkt an der Strasse, die auch zu unserem Haus führt. Um auf den Trail zu kommen musste sie geradeaus über die Strasse fahren. Wir blieben in etwa 50 m Entfernung stehen, man kennt seine Pappenheimer und die Chaostante heisst nicht umsonst so. Während das Anspannen dauerte und dauerte, beäugte ich mal den Graben rechts und links von der Strasse und fragte B. in welchen sie denn springen würde, wenn die Chaostante anstatt geradeaus links abbiegt.
B. schaute mich entgeistert an und sagte: "Meinst du, die kommt hier runter?"
Ich zuckte mit den Schultern und meinte nur, dass das schliesslich die Chaostante ist und bei der wäre einfach alles drin. Wir standen bereits gute 15 Minuten auf der Strasse und warteten darauf, dass das Team endlich losfahren würde.
In diesem Moment tauchte die Chaostante neben ihren Leithunden auf, sah uns und machte eine Abwehrbewegung in unsere Richtung. B.wurde direkt sauer und zischte "Wohin sollen wir denn noch gehen, wir sind ja schon fast im Dorf!"
Wir blieben also stehen und bekamen so noch mit, wie die Chaostante sich zu ihren Leithunden herunterbeugte geradeaus auf den Trail zeugte und laut vernehmlich "Da gehts lang" sagte.
Mir schwante Düsteres. Während B. noch stänkerte: "Kommt die vielleicht mal endlich in die Gänge", wurde es plötzlich ganz still - das sichere Zeichen dafür, dass die Chaostante den Schneeanker gezogen hatte.
Wir sahen noch wie die Leithunde losliefen und im vollen Galopp anstatt geradeaus auf den Trail links auf die Strasse abbogen und in einem Affenzahn auf uns zu kamen. Ich schrie noch "B!!RENN!" und dann rannten wir zusammen die Strasse runter, hinter uns her das 6er Hundegespann. Die Chaostante brüllte aus Leibeskräften "HILFE HILE, ICH KANN NICHT BREMSEN!"
B und ich rannten in eine Hofeinfahrt in der ein älterer Schwede mit einer Zipfelmütze stand und völlig konsterniert auf das sich ihm bietende Schauspiel schaute. Kaum waren wir nämlich in der Hofeinfahrt angekommen, hatte uns das Hundegespann mit der schreienden Chaostante ungebremst eingeholt. Wir standen umzingelt von dem Team vor der Garage des Schweden, der gar nicht reagierte. Dafür reagierte die Chaostante indem sie weiter um Hilfe rief. "Helft mir doch, helft mir doch". B. knallhart "ICH HELFE DER NICHT!".
Da die Hunde zum Glück nicht auf den Rentnerhund und den Welpen losgingen, drückte ich B. die Leine des Rentnerhundes in die Hand, kämpfte mich durch den Leinensalat, ergriff die Neckline der Leithunde und führte die Hunde zur Grundstücksauffahrt. Während der ganzen Zeit war die Chaostante auf dem Schlitten wie festgetackert stehen geblieben. "So, Chaostante", sagte ich "wo wollen wir denn jetzt hin, rechtsrum oder linksrum?" Rechtsrum führte die Strasse direkt ins Dorf. "Linksrum natürlich" zischte die Chaostante. Ich ging also links rum, führte das Gespann auf die Strasse und die Chaostante fuhr davon. Dabei sah ich auch, dass auf der Strasse nicht mal Spuren der Krallenbremse zu sehen waren, die Tante hatte also nicht mal versucht zu bremsen. B. war leichenblass. Mir zitterten ein bisschen die Knie. Ich hatte mir in erster Linie sorgen um unsere beiden Hunde gemacht, aber denen war zum Glück nichts passiert. Bedankt hat sich die Chaostante übrigens nie. Ich habe nur später mal gehört, dass sie sich über die beiden blöden Weiber beschwert hat, die ihr Gespann abgelenkt hätten, weil sie zu nah an das Team herangekommen wären...

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