Minus 30 Grad
Aus dem Alltag eines Schlittenhundegespannführers
Freitag, 19. Juli 2013
Booties, Socken, halbe Schweine
Man macht ja manchmal Sachen, bei denen man sich nach vernünftiger Einschätzung der Lage fragt, ob man noch alle Zapfen an der Tanne hatte, als man auf die Idee kam. In meinem Fall war es heute mittag wieder soweit als ich in den Hof kam und sah, was ein gewisser Mops und sein Alaskankumpel mit meinem alten Sessel gemacht haben, von dem ich dachte, dass er bis zum nächsten Sperrmüll besser draussen statt drinnen steht.
Ich sage mal soviel: bei anderen Leuten liegt wenn überhaupt Laub im Hof: bei mir hat es Schaumstoffwürfel geregnet. Es ist überall, denn es weht ein laues Lüftchen, das die Innereien des Sessels noch in die letzte Ecke pustet. Ich muss ja nicht drauf hinweisen, das die Herrschaften keinerlei schlechtes Gewissen vorzuweisen haben. Beim Alaskankumpel geht übrigens auch mal das eine oder andere leckere Stück Schaumstoff durch den Magen. Die Haufen, die dann ans Tageslicht kommen sehen immer interessant aus. Ich weiss das, ich sammle sie ja ein.
Lustiges Haufenraten (ist es ein Waschlappen? Neein, es ist ein Kniestrumpf)immer wieder ein Erlebnis. Dinge, von denen du nie dachtest, dass sie ein canides Verdauungssystem unbeschädigt passieren können, finden sich auf deiner Schaufel wieder. Booties, Socken, halbe Schweine...alles schon dabei und drin gewesen. Und während du dich noch fragst, wann du eigentlich das letzte Mal Teewurst gegessen hast, stolperst du über einen Haufen, der in allen Farben des Regenbogens leuchtet. Da sind also die guten handgestrickten Wollsocken aus Schweden hingekommen...
Das Haus, das kann ich mit Bestimmtheit sagen, verliert nichts. Spätestens in den Haufen findet sich, was du so lange, so schmerzhaft vermisst hast.
Leute, ich weiss..es ist hochgradig gefährlich. Es gab schon Hunde, die nachdem sie einen Feinkniestrumpf gefressen haben, eingegangen sind. Ich kenne Hunde, die im Welpenalter einen Kong geshreddert haben, der pünktlich zum 10. Geburtstag per Shitexpress den Weg nach draussen fand.
Manches wie Steine muss rausoperiert werden. Alles nicht so einfach. Deswegen aufpassen so gut es geht, es geht nicht immer gut aus...!
Dienstag, 16. Juli 2013
Der tote Hund auf der Bank
Im Moment ist es so heiss, dass ich kaum dazu komme hier etwas zu schreiben. Am liebsten würde ich mich im Keller einschliessen. Vor zwei Tagen stand ich lange vor meinem Tiefkühlschrank und habe überlegt ob ich in einer der Schubladen übersommern könnte.
Den Hunden geht es ähnlich auch wenn ich sie im Verdacht habe, dass sie nur deswegen in den Gefrierschrank wollen, weil da immer das Fleisch rauskommt, das es zum essen gibt. Über 25 Grad plus steht hier alles still. Die Herrschaften können sich gerade noch aufraffen sich mit einem Grunzer von der einen auf die andere Seite zu legen und weiter zu pennen. Letztens rief mich meine Nachbarin an, da würde ein toter Hund auf der Bank liegen. Es war der Mops. Wir erinnern uns: im Totspielen hat er bereits den Oskar gewonnen. Natürlich war er auch nicht tot, er lag nur wie ein Brot, alle Viere von sich gestreckt auf der Bank und schlief. Fest.
Seit ich die Bank in den Schatten unter die Bäume geschleppt habe liegt er da drauf und entspannt. Seit letzter Woche liegt er allerdings auch auf dem Gartentisch, da will ich mir gar nicht ausmalen was die Nachbarschaft denkt, wenn sie das sehen.
Der Mops ist in Sachen Wärmeschutz den anderen sowieso um Lichtjahre voraus. Vor ein paar Tagen hat er sich so wie er war in der letzten Schlammpfütze auf dem feuchten Abschnitt der Wiese gesuhlt. Was für die Elefanten in Afrika funktioniert, kann für einen Husky, dem zu warm ist nicht verkehrt sein. Toll, wenn man vergisst die Haustür zuzumachen. Noch besser wenn man fast nur weisse Möbel hat.
Aber Leben mit Schlittenhunden bedeutet irgendwie auch Verzicht und wie eine Freundin von mir immer sagt "aber wenn sie dich nur einmal anlächeln..."
Freitag, 31. Mai 2013
Mehr Plastik!
Die beiden Welpen, die ich im moment habe, haben mich dazu gebracht darüber nachzudenken ob der Plastikanteil im Welpenfutter nicht erhöht werden müsste. Ich hatte noch nie Welpen, die so scharf auf Plastik waren wie die beiden. Mehrere Plastiknäpfe (einmal irgendwo hingestellt, 5 Sekunden nicht geschaut, weg waren sie), Blumentöpfe, gelbe Säcke, Kabel und die Anhängerbeleuchtung hat es schon gerissen. Nun könnte man sagen, mei Yak, dann fütter doch deine Hunde endlich mal. Ja, der Gedanke kam mir auch, aber selbst mit der ausgefeiltesten Welpenernährung inklusive Fleisch konnte ich den Mangel an Plastik im Welpenfutter nicht ausgleichen. Die Hersteller sollten diesen Fakt mal überdenken. Ich habe dieses Mal diverse Welpenfutter ausprobiert und keines konnte den Bedürfnissen der beiden Welpen gerecht werden. Weder Royal Canin noch Bozita oder gar Profine. Getreidefrei ist nicht das Problem. Plastikfrei, das ist das Problem, das meiner Ansicht nach von den Futtermittelherstellern noch nicht erkannt, geschweige denn gewürdigt wurde. Vielleicht schreibe ich da mal hin und beschwere mich!
Samstag, 25. Mai 2013
Pilger und andere Zuschauer
Ich wohne, das habe ich vielleicht mal erzählt, direkt neben dem Weg der die Pilger irgendwann nach Santiago de Compostella führt - am Jacobsweg.
Das hat zur Folge, dass ab Ende April, Anfang Mai vermehrt Wandersleute an meinem Grundstück vorbeipilgern. Normalerweise bleiben sie kurz stehen, wenn die Hunde draussen sind, schauen den Hunden kurz zu und pilgern dann weiter.
Anders sieht das aus, wenn ich dabei bin einzuspannen; so wie heute morgen.
Die Karre steht im Hof, festgebunden am Auto. Leine ist ausgelegt. Dann rufe ich die Hunde einzeln zu mir und ziehe ihnen die Geschirre an. Spätestens dann bricht hier im Hof ja das Inferno aus, weil alle Hunde durcheinander laufen und vor allem schreien und heulen. Und das ist auch der Moment, wo sich unten am Grundstücksende die Pilger stauen. Ich hab da schon 20 Mann stehen und gucken sehen. Die meisten fassungslos, was da denn abgeht, interessiert und völlig gebannt.
Da steht man dann schon auf dem Präsentierteller und darf sich keine Schwachheiten erlauben wie zum Beispiel zu seinem Hund sagen "jetzt komm endlich her du Depp".
Hundesindnatürlichkeinedeppenundichmeindasauchnichtso, aber es rutscht einem raus und vor Publikum, vor allem vor Pilgerpublikum ist das immer so doppelt peinlich.
Mein Nachbar, der im Dorf rumerzählt, ich würd den Waldweg hochbrettern wie ein Berserker (stimmt gar nicht, sooo schnell sind wir nun auch nicht), hat in der Zwischenzeit Stellung bezogen: auf seinem Balkon auf seinem Haus, das auf einem Hügel mit gegenüber steht, damit er ja nichts verpasst.
Manchmal stehen auch noch andere Leute am Zaun und schauen, weil sies nicht fassen können was da abgeht.
Heute checkte grade eine Motorradgruppe bei meinem Nachbarn paar Häuser weiter (ein Gasthaus mit Pensionszimmern) ein. Sie standen mit den Motorrädern auf der Strasse und als wir vorbeibretterten staunten die auch nicht schlecht.
So nett ich die Aufmerksamkeit, die wir verursachen ja finde...wenn ich dann mit der Karre mal wieder gegen eine Mauer dotze oder die Kurve nicht kriege und gegen meinen Torpfosten ditsche, ist das alles nicht ganz so doll, es sieht dann einfach nicht mehr so cool aus.
Beim heutigen Training hab ich dann noch eine Wandergruppe aufgescheucht. 15 Mann, die mich ansahen, als würden sie einen Geist sehen. 2 Wanderer waren aber noch so geistesgegenwärtig und haben mal gleich die Kamera draufgehalten. Die Hunde fanden das prima, liefen an den Wanderern vorbei und schauten sie an, als erwarteten sie Kamelle.
Die sind mehr Rampensau als ich, soviel steht mal fest.
Samstag, 4. Mai 2013
Die Königin der Nacht
Gestern kam mein neuer Nachbar über die Strasse um sich vorzustellen und sich die Hunde mal aus der Nähe anzuschauen. Er hat selber Hunde und so kamen wir ins Gespräch. Nach einer Weile fragte er ganz vorsichtig, wer denn der nervige Hund wäre, der immer Haue kriegt, dass er schreien muss als wäre die Todesfee persöhnlich hinter ihm her.
Ahja...er hats also auch schon gehört. Der angesprochene Hund ist der Mops, einer meiner beiden Welpen. Mops weil er gut im Futter ist. Der Mops hat schon seit ich ihn habe die unangenehme Eigenschaft zu schreien wie am Spiess, wenn er von den Erwachsenen umgerempelt, umgerannt oder zurechtgewiesen wird. Das ist jetzt bei Welpen nicht unbedingt aussergewöhnlich, aber der Mops macht es immer noch und ist inzwischen 7 Monate alt. Ich zeigte auf den Mops und Herr N. nickte. Was er denn immer machen würde, dass die anderen ihn so beissen würden. Na, sage ich, sie beissen ihn ja nicht. Sie laufen an ihm vorbei oder rennen ihn um und er schreit dann. Wie aufs Kommando läuft Gouda, mein Holländer, am Mops vorbei, der Mops lässt sich filmmässig fallen und schreit, wie am Spiess.
"Was für ein Schauspieler!!", entfährt es meinem Nachbarn. "Wir sitzen immer da oben auf der Couch und hören den armen Hund schreien und meinen der wird gequält...und dabei schauspielert der nur!"
Ich nicke wissend. Am Anfang bin ich auch immer drauf reingefallen, bin das Schlimmste erwartend aus dem Haus in den Hof gerast nur um 7 mich verblüfft anschauende Hunde und einen quietschfiedelen Mops zu sehen, dem dem Lautstärkepegel nach mindestens 1-2 Beine fehlen müssten.
Aber der Mops kann noch mehr. Er kann auch toter Hund. Vor nicht allzulanger Zeit sitze ich im Wohnzimmer, als der Mops wieder die Arie der Königin der Nacht zum Besten gibt. Weil er so lange schrie bin ich halt mal raus schauen. Kein Mops zu sehen, dafür zwei Frauen mit zwei Jackies an der Leine die mit bestürzten Gesichtern an meinem Zaun stehen. Als sie mich sehen ruft die eine "ddddaaaaa unten, da liegt einer, ich glaube den haben sie eben totgebissen".
Ich schau genauer und sehe den Mops bewegungslos auf dem Rücken im Gras liegen. Ich ruf ihn und er schaut mich an. Ich sag "Steh auf du elender Schauspieler" und der Mops steht von den Toten auf und hüpft freudig davon. Ich ruf den beiden Jackiebesitzerinnen noch zu, "Macht der immer so, der hat nix" und sehe noch, wie sie mich anschauen als hätte ich den Verstand verloren.
Gestern lief wieder mal Gouda (mit dem hat er es einfach) am Mops vorbei, der Mops fällt, schreit und schreit. Ich renne hin (man weiss ja doch nie ob nicht doch was passiert ist) und sehe, wie der arme Mops humpelt. Ich will ja erst Gouda zusammenstauchen, rechne aber mal 1 und 1 zusammen und schimpfe mit dem Mops, dass er mit dem Schmarrn aufhören und normal laufen soll...und siehe da, mit dem nächsten Schritt war die fürchterliche Lahmheit überwunden und der Mops raste freudig davon...
Ich muss sagen, ich versteh meinen Nachbarn, mein Puls geht auch direkt auf 180 wenn ich den Mops schreien höre. Seit ich aber weiss, dass er nur sicherheitshalber schreit, beruhige ich mich immerhin schneller. Mein Nachbar wird sich dran gewöhnen müssen, fürchte ich. Aber seit er weiss, dass dem kleinen Hund nix passiert ist er auch schon viel beruhigter...
Donnerstag, 11. April 2013
Der Haufen im Wäschekorb...
Heute morgen musste ich zum Zahnarzt und war gerade fertig mit Duschen und Zähneputzen, als ich mir aus dem Korb mit der frischen Wäsche einen Pulli ziehen wollte. Da der oberste Pulli noch klamm war und ausserdem streng roch, suchte ich weiter und was soll ich sagen...der Große hat mir einen wunderbaren Haufen in den Wäschekorb gelegt und damit ich es nicht sehe den Pulli und ein Tshirt drübergezogen. Der Große ist, ich habe es vielleicht mal erwähnt, ein "Hochscheisser", dh. er muss seine Haufen immer auf erhöhter Stelle ablegen. Dieses Mal war es der Wäschekorb. An Tagen wie diesen möchte ich mich in die Ecke setzen und heulen und lachen, weil...es gibt Sachen, die gibts gar nicht.
Dienstag, 5. März 2013
Telekom-Express
Heute abend bin ich mal zur Abwechslung in den Sonnenuntergang gefahren. Ich hatte die Stirnlampe dabei, die Dunkelheit konnte also kommen. Ich war bereit. Die Hunde aber auch. Die waren heut zu allem bereit. Schon als wir losfuhren war das Tempo höher als sonst, sie groovten sich früher ein als sonst und so ratterten wir auf der 25 km Schleife dem Sonnenuntergang entgegen. Als es dämmerte legten die Herrschaften noch eine Schippe drauf. Auf einmal liefen 5 Hunde wie der Telekomexpress - wie aus einem Guss. Jetzt alles Trab und zwar von der ganz schnellen Sorte und alle im Gleichschritt. So waren die Hunde in den letzten 4 Wochen nicht ein einziges Mal gelaufen. Eigentlich war das Team so noch nie gelaufen, seit es in dieser Zusammensetzung zusammen läuft. Ich kann gar nicht beschreiben was für Glücksgefühle einen da durchfluten. Man sieht, dass man kein völliger Monk ist, der keinen Plan von Hundetraining hat (was ich in den letzten Tagen mehr als einmal leise gedacht hab) und man merkt, was diese Mistviecher können, wenn sie nur wollen. Heute abend wollten sie und wie sie wollten und ich hab mich ganz einfach drüber gefreut. So einfach kann Schlittenhundefahren sein. Manchmal. Heute.
Abonnieren
Posts (Atom)