Montag, 27. Februar 2012

Schwedentagebuch: Der Spaziergänger von Norddalarna

Gestern nachmittag: ich komme von meiner 40 km Tour aus dem Fjäll zurück, fahre auf den Stake-out und sehe direkt, dass aus unseren 14 Hunden 15 geworden sind. Rechtsaussen sitzt ein Hund, der zwar optisch zum Rest passt, aber ganz klar nicht zu uns gehört.
Der beste Freund von allen erklärt mir, dass er den eben eingefangen hätte. Der wär so gemütlich durch die Gegend gelaufen. Er meint, dass es der Hund unserer Nachbarin wäre. Ich schaue genauer hin, nicke und meine, dass ich sogar weiss welcher. Zu 95% ihr pensionierter Leader, zu 5% sein Sohn.
Da unsere Nachbarin selbst gerade mit ihrem Team draussen ist, lassen wir den Hund an unserem Stake-out wo er sich sofort mit seinem Gegenüber (meinem jodelnden Leithund) bestens unterhält. Sie jodelt, er kläfft. Prima. Eine Lautstärke wie auf der Startbahn West. Während wir uns auf den Weg zu unserer Mittagssuppe machen erzählt mir der beste Freund von allen, dass unsere Nachbarin auch schwer chaotisch sei. Die wäre mit 4 Teams rausgefahren und hätte die Haustür sperrangelweit offen stehen.

Nach einer Stunde hat sich der Rentner mit seiner Situation abgefunden und harrt still der Dinge die da kommen.
Und sie kommen in Form seines Frauchens, das mit ihrem Team an unserem Stake-out vorbeifährt.
Kurz darauf sehen wir 3 Leute aufgeregt die Strasse auf und ab rennen. Der beste Freund von allen ruft unsere Nachbarin und fragt, ob sie vielleicht den da (den Rentner) vermisst. Unserer Nachbarin fällt sichtbar ein Stein vom Herzen. Sie schimpft mit ihrem Rentner und erklärt uns, dass der Sausack die Tür aufgemacht habe (AHA!!) und dann wohl rumgelaufen sei. Sie war sehr aufgeregt gewesen, denn der Rentner ist ihr Lieblingshund. Sie hatte ihn im Haus gelassen, als sie weggefahren waren und offensichtlich hat ihm das nicht gepasst. Aber das beste war: sie habe, als sie an unserem Stake-out vorbeigefahren war ihren Hund entdeckt und gedacht "Mensch, der beste Freund von allen hat ja einen Hund, der genauso aussieht wie mein Rentner", dann hat sie sich umgedreht und zu dem Musher, der hinter ihr fuhr noch gesagt "Schau mal, der Hund sieht genauso aus wie mein Rentner" und der fand das auch total kurios. Sie hätten sich beide nicht gewundert, weil sie wussten dass der beste Freund von allen auch Hunde von diesem bestimmten Züchter hatte.
Heute, als ich bei meiner Nachbarin kurz zu besuch war, erzählte sie mir, dass der Rentner nicht nur eine Tür aufgemacht habe sondern 3: die Tür vom Schlafzimmer, in dem er eingesperrt war, dann die Tür zum Vorraum und schliesslich die Haustür.
Cleveres Kerlchen...

Schwedentagebuch: Pedalriemscher

Der beste Freund von allen war in seinen jungen Jahren Strassenradrennen gefahren. Aus dieser Zeit hat er wohl auch die Erkenntnis gewonnen, dass das Ductape seiner Jugend "Pedalriemscher" auch 2012 noch durchaus ihren Nutzen haben. Man kann damit alles festzurren: zb. die Schnüre, die am Schlitten die Bremsmatte halten, das Trenngitter in meinem Auto....seine Antwort auf alle Festbindefragen: "Do nämmsche mo ä Pedalriemsche".
Letzte Woche, als die Malamuten unserer dänischen Nachbarschaft so intensiv ihr Lungenvolumen und die Stimmbänder testeten, entdeckte mein Leithund, dass was dänische Malamuten können ein fränkischer Leithund aber erst recht kann: sie fing an zu jodeln und zwar laut, richtig laut. Als sie das erste mal die Malamuten übertönte fing sie ans uns gewaltig auf den Zeiger zu gehen, denn man hörte sie trotz Dreifachverglasung laut und vor allem deutlich. Warum der arme Hund am Stake-out so gejodelt hat? Der Hund wollte in die Box und war völlig angeödet dass er draussen (IM FREIEN!!!!) bleiben sollte, wo er doch anderes gewöhnt ist. Zuhause liegt dieser Hund zb. 24/7 unter der Couch und kommt nur zum Fressen und Geschäfteerledigen darunter heraus. Das soll also Urlaub sein? Den ganzen Tag in der Kälte durch die Gegend latschen und dann auch noch stundenlang an der Kette hängen und die Kälte ist komplett um einen rum? Nee, da muss man was dagegen tun. Und Madame tat was dagegen. Sie jodelte. Laut.
Es ist jetzt nicht so, dass ich nicht versucht hätte mit einem lauten Rufen ihres Namens für Ruhe zu sorgen. Was macht man aber wenn der Hund einfach so tut als wäre er spontan taub geworden...? Ebend.
Der beste Freund von allen überprüfte das Ding mit der Taubheit übrigens auch nochmal - sicherheitshalber. Wie sich herausstellte musste der Hund tatsächlich taub sein, denn dem Rufen folgte keine Reaktion, es wurde eisern weitergejodelt. Mit der Zeit immer lauter und immer grantiger und vor allem nur kurz unterbrochen von wütendem Scharren auf dem Schnee. Innerhalb von zwei Tagen hatte sich Madame einen Ausguck mit Burggraben darum gegraben. Aus lauter Zorn, weil wir sie nicht in die Kiste gelassen haben. Nach 3 Stunden ununterbrochenem Geschrei hätte selbst der sturste Hundebesitzer nachgegeben, einfach schon deswegen um dieses widerwärtige Geräusch nicht mehr hören zu müssen.
Die Idee vom besten Freund von allen, den Hund mit einem Pedalriemsche ruhigzustellen habe ich übrigens abgelehnt....

Montag, 20. Februar 2012

Schwedentagebuch: Vom Winde verweht

Seit Tagen weht der Wind mal mehr mal weniger stark. Manchmal bringt er wärmere Luft aus dem Süden, manchmal Schnee und Kaltluft aus dem Norden.
Derzeit tobt ein Schneesturm ums Haus, wenn man auf dem Klo sitzt hat man das Gefühl man sei mittendrin statt nur dabei.
Die Hunde finden dieses Wetter natürlich doof. Nicht nur dass die Trails alle tief vom verwehten Schnee sind, der Wind ist auch kalt und nervig und man sieht so schlecht. Derzeit sind die Hunde lieber in ihrer Box anstatt draussen.
Ausser mein Welpe. Dem ist der Sturm wurscht, im Kreis rennen bis man nicht mehr kann, Holzscheite zerschreddern, Löcher buddeln, den Nachbarn am Stakeout zum Spielen hernehmen und Zweige zernagen kann man schliesslich auch wenn die Schneeflocken waagerecht fallen.
Welpen sind leicht zu entertainen. Beim Schneewittchen langen derzeit ein Schneeberg, zwei Holzscheite, ein Ast und der Nachbar. Der Schneeberg wird angeknurrt und dann vernichtet in dem man hineinspringt und den Schnee in der Gegend verteilt. Die Holzscheite werden entrindet, ins gebuddelte Loch getragen, dort wieder rausgeschubst und wieder von vorn. Der Kleine muss als Spielzeug herhalten. Dazu wird er in die Wagen gebissen, bekommt die Ohren angenagt und wenns ganz dumm läuft nimmt Madame Anlauf, springt ihm auf den Rücken und zwingt ihn in die Knie. Dabei wird auf ihm rumgetrampelt und gehüpft und der Dussel lässt sich das alles klaglos gefallen. Madame ist auch sehr bestimmt, vielleicht schüchtert ihn das ein.
Jetzt  ist Madame 5 Monate alt, in einem Jahr gilt vermutlich der Satz "Alles tanzt nach meiner Pfeife..."
Man darf gespannt sein...

Sonntag, 19. Februar 2012

Schwedentagebuch: Malamutenalarm, die 2.

Über Nacht hat es einfach mal 30 cm Schnee runtergehauen. Den von der leichten, trockenen Sorte, der, der sich nicht festtritt, sich wie Sand verhält und einfach unschön ist.
Dazu kam ein fieser Wind aus dem Norden, der in Böen diesen Schnee hochblies und einem entgegenpeitschte so dass man ausser dass man Hunde hatte die wie auf Treibsand liefen auch noch gegen den Wind steuern musste und einem immer wieder der Schlitten zur Seite geschoben wurde. Manchmal war es, wie wenn man gegen eine weisse Wand fährt. Ich hatte nach 10 km die Nase so voll, dass ich mein Team gewendet und nachhause gefahren bin.
Das Dumme daran: ich befand mich auf der Haupteinflugschneise. Die Wahrhscheinlichkeit, dass mir nun sämtliche Teams entgegenkamen, die der Ort zu bieten hat war enorm. Und kurz darauf, auf einem zugefrorenen See war es dann so weit. In ca. 50 m Entfernung näherte sich ein 6er Team, dahinter ein 4er Team. Ich überlegte wer das denn sein könnte und dann kriegte ich fast einen Herzkasper: meine Malamutenfreunde von neulich. Ja, das hats jetzt noch unbeding gebraucht zu meinem Glück.
Das 6er Team mit meinem neuen Freund, dem Malamutenrüden Jerry nahm Fahrt auf und ich kam sehr schnell zu dem Entschluss auf eine neben dem Haupttrail angelegten Skidoospur auszuweichen. Man muss es ja nicht provozieren. Meine Malamutenfreunde hielten an und winkten, ich solle vorbeifahren - hey auf den gleichen Trick fall ich nicht nochmal rein. Ich blieb auf meiner Skidoospur und harrte der Dinge die da kommen würden. Und sie kamen. Der Malamutentreiber zog den Anker, rief go und Jerry der Leithund, der sich noch vor kurzem meinen Wheeler gegriffen hatte, bog im 90 Grad Winkel nach links ab und kam in grossen Hüpfern auf mich zu. Grossartig!
Der Malamutentreiber schrie wie am Spiess, setzte erneut den Anker, raste nach vorne zu seinen Leithunden, schlug Jerry auf die Hirnplatte und trat ihm anschliessend mit voller Wut und Wucht an die Beine, so dass der Hund erst mal zusammensackte (warum man sowas machen muss versteh ich nicht), dann zog er die Leithunde wieder auf den Trail. Ich stand auf der Skidoospur in 10 m Abstand, dazwischen Tiefschnee. Meine Hunde schauten sich das ganze Spektakel gelassen und interessiert an, reagierten  aber nicht. Gute Hunde!
Nachdem er seinen Hund zusammengestaucht hatte, zog der Malamutentreiber wieder den Anker, die Hunde brachten den gleichen Stunt nochnal, dieses Mal aber kamen sie noch näher an mich ran als beim ersten Mal. Wieder schrie der Musher wie abgerissen (ob Malamuten taub sind?), zerrte seine Hunde auf den Trail zurück.
Bei der Gelegenheit fuhr ich noch ein Stück weiter auf der Skidoospur (die übrigens irgendwo mitten auf dem See endete und da wollte ich nun wirklich nicht hin) um etwas mehr Platz zwischen mich und die beisswütigen Gesellen zu bringen. Das hatte zur Folge dass die Malamuten nun erst recht hinter mir her wollten und wieder durch den Tiefschnee ackerten.
Lange Reder kurzer Sinn, der Malamutentreiber brauchte noch einen Anlauf, dann konnte er auf dem Trail weiterfahren. Doch hinter ihm stand ja seine Frau mit 4 Malamuten am Schlitten. Als die den Anker zog bogen ihre Hunde direkt ab und machten sich auf den Weg zu mir her.
Irgendwie schaffte es die Frau dann aber die Malamuten mit einer Schimpftirade aus der Hölle davon zu überzeugen gerade auf dem Trail weiterzulaufen.
Ich durfte dann noch ein gutes Stück durch den Tiefschnee eiern, bis ich wieder auf dem Trail war.

Das sind ja die Musher gewesen, deren Hunde normalerweise an ALLEM vorbeigehen. Wie man jetzt gesehen hat, müssen sie dazu aber erst mal ALLES aus dem Weg räumen, bevor sie dran vorbei gehen...

Samstag, 18. Februar 2012

Schwedentagebuch: Malamutenalarm

Gestern hatte ich so richtig grosse Pläne. Ich wollte ins Fjäll fahren. Natürlich auf die harte Tour über den Einstieg der einen auf einer ziemlich steilen Rampe direkt nach oben führt, anstatt im langen und weniger heftigen Weg nach oben von der anderen Seite.
Kurz vor der Abzweigung ins Fjäll entschied ich mich anders und fuhr auf eine Strecke, die mich nach 15 Kilometern wieder nachhause bringen würde, anstatt nach 30.
Ich traf unterwegs auf einen Schweizer, den ich für die Frau von der örtlichen Huskytourenmannschaft gehalten hatte, und seine ängstliche Frau, die mit ihren 3 Hunden hinter seinem 6er Team herfuhr und sich fast in die Hosen machte, als sie mir, die ich den beiden entgegen kam, vorbei musste.
Das ist immer ein spannender Moment, wenn ein anderes Team auf einen zukommt, denn man weiss vorher nie wie das ausgeht.
Ich hatte noch ca. 7 Kilometer vor mir  als ich von weitem eine rote Mütze und einen roten Norwegerpullover aufleuchten sah. Innerlich stöhnte ich auf. Es handelte sich um meine Nachbarn aus Deutschland, die immer mit 6 riesigen Malamuten am Schlitten und 2 genauso grossen Malamuten an der Pulka unterwegs waren.
Für die, die nicht wissen was eine Pulka ist: zwei bis 4 Hunde laufen zwischen zwei biegsamen Stangen hintereinander angespannt und ziehen einen kleinen Schlitten - die Pulka. An der Pulka hängt ein Mensch auf Langlaufskiern.
Ich hatte ein ganz doofes Gefühl, als ich sah, dass die beiden wie schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen anhielten, sobald sie mich sahen. Die Musherin, die mit 6 Hunden am Schlitten unterwegs war, warf ihren Schneeanker und rannte nach vorne zu ihren Leithunden, zog sie ein Stück zur Seite und hielt den einen am Halsband fest. Dann winkte sie, damit ich vorbeifahre.
Ich schwitzte ein bisschen, denn heute sahen die Malamuten irgendwie gefrässig aus. Hinter dem Team stand der Mann der Musherin mit den zwei anderen Hunden vor der Pulka und er winkte auch.
Ok, nun galts. Ich war schon beim letzten Mal nur mit Schwierigkeiten an den Malamuten vorbeigekommen. Malamuten sind berüchtigt. Mit einem Kampfgewicht von 40-45 Kilo und einer Rückenhöhe von um die 70 cm sind sie um einiges grösser und stärker als ein Siberian Husky. Malamuten sind wilder als Siberian Huskys, ich kenne kaum ein Rudel in dem nicht mindestens 2-3 Hunde Narben von Kämpfen im Gesicht haben oder wo Stücke am Ohr fehlen. Malamuten machen kurzen Prozess und es gibt nicht wenige, die mit einem unguten Gefühl so ein Team überholen oder an ihm vorbei fahren.
So auch ich.
Ich war gerade mit meinen beiden Wheelern (das sind die Hunde, die dem Schlitten am nächsten sind) auf der Höhe der Leithunde als der grössere der beiden, ein Monstrum von einem Hund mit einem Kopf wie ein Ochse, über seinen Nachbarn sprang und sich auf meinen links laufenden Wheeler stürzte. Er packte ihn am Genick und drückte ihn nach unten. Mein Wheeler brummte und knurrte, aber es nützte ja nichts. Die Musherin wurde von der Kraft des Hundes zuerst nach vorne gerissen, wo sie aber das Gleichgewicht verlor und zurück auf den Hintern in den Schnee plumpste. Dann schrie ich wie am Spiess, woraufhin der Malamute meinen Hund losliess. Ich konnte meinen Hund zurückziehen und ein Stück weiterfahren.
Wie es sich gehört, fragte ich ob der Malamute was hätte. Nein, sagte die Musherin. Gefragt ob mein Hund was hätte hat sie nicht.
Statt dessen erklärte sie mir, dass ihre Hunde ja sonst an allen Teams vorbeigehen - ohne Probleme.
Das ist jetzt diese "Das hat er noch nie gemacht" - Mushervariante.
Wenn ihr Team  so sicher an allen anderen entgegenkommenden Teams vorbeigeht - warum springt sie dann jedes Mal (der beste Freund von allen hat das auch schon erlebt) vom Schlitten und zerrt ihre Leader zur Seite, hält sie fest und wartet, bis man vorbei ist????
Aber es lohnt nicht solchen Leuten zu sagen, dass sie irgendwie falsch liegen.
Also bin ich weitergefahren und war froh, dass mein Hund diesen Angriff unbeschadet überstanden hatte.
Plötzlich hörte ich aus der Ferne Hundegeheul. Na bestens. In meiner Vorstellung stand irgendwer irgendwo mitten auf dem Trail, sortierte seine Hunde oder hatte Probleme mit einem anderen Team. Und jetzt noch ich dazu, mit dem Erlebnis von eben....
Ich fuhr weiter, es ging leicht bergab, ich machte die Schneematte runter, damit es nicht zu schnell wurde und in dem Moment sah ich auf der linken Seite, direkt am Trail zwei Männer und bestimmt 12 Huskys. Na super.
Die standen eigentlich in der falschen Richtung um jemanden vorbei zu lassen, aber sie hielten ihre Hunde fest und winkten, damit ich vorbeifahre. Während ich die 12 Hunde in knappem Abstand passierte, roch ich Rauch und schaute nochmal genauer hin.
Die beiden Männer standen da nicht um mich vorbei zu lassen - die machten da Pause. Etwas weiter hinten brannte ein Feuer unter einem Topf, es lagen Decken und Material herum.
Keine 10 cm neben dem meistbefahrenen Trail in dieser Gegend hatten die Herren ihr Lager aufgeschlagen.
Meine Freundin U. sagte letztens, dass alle Musher doch irgendwie Freaks wären und ich finde damit hat sie 100% recht.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Schwedentagebuch: Auf der Flucht!

Vorgestern waren die Hunde und ich gerade 5 Kilometer gefahren, als hinter mir das vertraute nervige
Snöskotergeräusch ertönte. Ich schaute mich um und sah zwei Schneemobile, die anhielten um scheinbar die Lage zu sondieren. Manchmal sammeln sich auch mehrere Schneemobilfahrer, wenn sie auf ein Schlittenhundegespann auffahren um dann langsam und in Kolonne an einem vorbeizufahren.
Die beiden Fahrer waren auffällig in Leuchtorange und Leuchtgelb gewandet. Das machen viele, damit sie nicht über den Haufen gefahren werden. Zwischen den dunklen Bäumen ist man in schwarz oder grau nicht auszumachen. Als die beiden Snöskoter fertig debattiert hatten kamen sie auf mich zu. Ich hielt an, weil blöde Strecke, viel zu eng und mein Leithund hat manchmal so Anwandlungen plötzlich nach rechts oder links zu laufen und ob da ein Snöskoter fährt oder nicht ist ihr ziemlich latte.
Im Näherkommen seh ich, dass es sich bei den beiden Snöskotern um Fahrzeuge der Polizei (Polis) und dem Zoll (Tull) handelt. Ach herrje. Mitten im Nirgendwo und dann sowas. Mir wird ein wenig unwohl, denn ich hab 2 Tage vorher ein rotes Wegekreuz aufgelesen, das am Boden lag. Wegkreuz klauen, vergessen zuhause auszuladen um dann von der Polizei mitten im schwedischen Busch durchsucht zu werden....das hat mir gerade noch  gefehlt. Meinem Leithund schien ähnliches durch den Kopf zu gehen. In dem Moment, da Polizei und Zoll an uns vorbeiwaren und wendeten, ergriff der Leithund die Initiative, drehte sich um und wollte in die andere Richtung laufen, also weg von den Snöskotern. Ich brüllte natürlich, denn ich wollte nicht wieder nachhause. Der Leithund fing an wie irre an der Leine zu rucken und zu heulen. Superaktion. Direkt vor der Polizei und dem Zollbeamten rastet mein Leithund aus und will die Flucht antreten.
Wenn man sich da nicht verdächtig macht.....
Ich also nach vorne und versucht den wie am Spiess heulenden Hund wieder umzudrehen, interessiert beobachtet von den beiden Beamten. Wenn sie deutsch verstanden haben, haben sie mitgekriegt wie ich dem Hund mitteilte, dass ich ihn an den nächsten Baum nagele, wenn sie mit dem Schmarrn nicht aufhört. Der Leithund, unbeeindruckt wollte einen der beiden Wheeler anfallen, denn sie kriegte ja mit, dass die Sache nicht so läuft wie von ihr geplant. Der Wheeler hielt es wohl für eine Spielaufforderung und stürzte sich auf den Leithund, den ich mir unter den Arm geklemmt hatte um überhaupt von hinten wieder nach vorne zu kommen. Den Wheeler beschimpfte ich dann auch noch (wo wir halt grad mal dabei sind und uns sowieso schon völlig blamiert haben) - es soll sich ja lohnen.
Die Beamten schienen genug gesehen und festgestellt zu haben, dass es sich bei der angetroffenen Person um eine Bekloppte handelt, die keine Zigaretten und Schnaps oder Drogen aus Norwegen oder nach Norwegen schmuggelt, liessen mich stehen und fuhren ohne Gruss an mir vorbei.

Warum mein Hund angesichts der Staatsgewalt ausgetickt ist muss ich allerdings noch herausfinden...

Schwedentagebuch: Musherego

Ausser den Dänen haben wir auch deutsche Nachbarn, Uschi und Detlef und ihre 10 Hunde. Die waren schon letztes Jahr hier gewesen und haben uns durch ihre eigenwillige Art Hundeschlitten zu fahren amüsiert. Dieses Jahr haben sie 2-3 Hunde mehr dabei und Detlef fährt jetzt anstatt 5 Hunde, die er nicht im Griff hat mit 9 durch die Botanik, die er noch weniger im Griff hat.
Im Griff haben bedeutet dabei, dass man es schafft seine Hunde dazu zu bringen, dass sie dahin laufen wohin man will und nicht die Hunde entscheiden zu lassen.
Letztes Jahr traf ich Detlef auf dem See vor unserem Haus, den man überqueren muss um auf die Trails zu kommen. Detlef war lange vor mir gestartet und nun sah ich ihn wie er zicksack auf dem See fuhr. Mal nach rechts, dann Kehrtwende und zurück, dann mal nach links, hin und her. Es sah aus, als übe er für Dressurschlittenfahren. Vom Fleck kam er kaum und war auch ständig sehr lange auf dem Trail.

Dieses Jahr fährt Detlef also mit 9 Hunden. Ein offenes Gespann ist eine Herausforderung, denn 9 Hunde sind kaum noch zu bremsen. Offenes Gespann das ist die Königsdisziplin. Dachte sich Detlef scheinbar auch. Wenn er wie von der Tarantel gestochen den Hügel hinter dem Haus Richtung See runterbretterte, dachte man sich "mein lieber Scholli die gehn ja ab". Dem besten Freund von allen erzählte er dann auch, dass diese Hunde laufen wie die Hölle, die wären richtig gut.
Ich konnte mir das nicht vorstellen, denn ich hatte ihn letztes Jahr ein paar Mal auf dem Trail erlebt und hey, was weiss ich schon!
Dann kam der Montag. Ich hatte meinen Schlitten schon festgebunden, war gerade dabei einzuspannen, als Uschi rüberkam und mich bat ihren Mann, der auch gerade einspannte vor mir starten zu lassen, denn er wär ja viel schneller als ich. Ich sagte nur "kein Problem", dachte aber "viel schneller als ich LOL!"
Detlef fuhr also mit viel Gepolter und Getöse in voller Speed den Hügel runter. Ich wartete kurz und fuhr hinterher.
Das erste Mal stand Detlef nach 300m, noch nicht mal auf dem See. Das zweite Mal stand er auf dem See, das 3. Mal stand er ca. 100 m nach der Stelle, an der er beim 2. Halt gestanden hatte.
In der Zwischenzeit hatte ich auf eine parallele Spur eingefädelt und war an ihm vorbei. Da waren wir gerade mal 500 m gefahren. Ich lies ihn aber vor mir auf den Trail, weil "er ist ja schliesslich viel schneller als ich", denn er hat ja mehr Hunde als ich. Deutlich mehr.
Kurz nach dem Detlef den See verlassen hatte stand er wieder. 3 seiner 9 Hunde mussten mal. Oben am Ende der Auffahrt stand Detlef dann wieder, denn weitere 3 seiner 9 Hunde mussten mal. Detlef stand hilflos auf dem Schlitten und seine Hunde schnüffelten und pinkelten in aller Ruhe. Dann war Detlef verschwunden. Klar, er hat 9 Hunde, ich 3.
An der ersten Steigung nach einem Flachstück, also 300 m später hatte ich Detlef wieder genau vor mir. Im Abstand von 5 m fuhr ich dann hinter ihm her. Er mit 9, ich mit 3 Hunden.
Detlef fing an sich ständig umzudrehen und meine Hunde fingen an das lustig zu finden und liefen wie die Feuerwehr hinter Detlef her.
Auf dem ersten See des Trails stand Detlef schon wieder. Er wollte dass ich vorbeifahre, ich lehnte aber ab, denn Detlef hat Beisser im Team, ich wär nie an ihm vorbeigekommen. Also fuhr Detlef weiter, mich im Schlepptau. An jeder Steigung musste Detlef absteigen und hinter seinem Schlitten herwieseln. Er feuerte seine Hunde ständig an, drehte sich mindestens genausooft um um zu checken ob ich noch hinter ihm war (war ich) und klatschte in die Hände, in der Hoffnung, dass die Hunde endlich ordentlich liefen. Das taten die aber nicht. Ich klebte Detlef irgendwann fast in den Kniekehlen. Meine Hunde zogen mich die Hügel hoch, die Detlef zu Fuss gehen musste, trotz 9 Hunden. Bergab fuhr er mir ein paar m davon, auf ebenen Strecken holte ich ihn wieder ein. Und so ging das 10 km lang. Wäre Detlef links abgebogen, wäre ich hintendran geblieben, aber so fuhr er gerade aus, Richtung Fjäll  und dahin wollte ich nicht.
Als wir wieder zuhause waren hab ich die Story natürlich brühwarm dem besten Freund von allen erzählt, der das gar nicht glauben wollte. Normalerweise können kleine Teams nicht an grossen Teams dranbleiben, schon gar nicht auf die Distanz. Ich hatte aber Beweisbilder gemacht und gefilmt...hehe.
Ich denk, dass das so  manchen Musher angepiept hätte, wenn ein kleines Team wie Patex am offenen Team geklebt hätte. Das geht gegen das Ego. Aber sowas von. Ist wie wenn man mit seinem Porsche über die Autobahn fährt und von einem Trabbi verfolgt wird.

Als wir abends draussen bei den Hunden standen kam Detlef rüber. Wie sehr ihn die ganze Sache genervt hatte war offensichtlich als er fragte ob er mich denn sehr aufgehalten hätte. Innerlich hab ich mir einen gegrinst. "Nöööö" sagte ich. "ich hab keinen Sinn drin gesehen zu überholen",
Hehe. Dann erzählte er mir noch, dass er superweit gefahren wäre (so ca. 60 km). Das kann aber nicht sein, denn der beste Freund von allen und ich kennen die Strecke und so wie der unterwegs war, hätte er das nie in der Zeit geschafft, die er gebraucht hatte.
Seine Frau hat übrigens nicht mehr gefragt ob er vor mir starten darf.....

Mittwoch, 15. Februar 2012

Schwedentagebuch: Houdini

Eigentlich wollte ich heute mal davon berichten wie ich mich 35 Kilometer lang auf dem Schlitten durch tiefe Schneeverwehungen und eisigen Wind gekämpft und den Elementen getrotzt habe. Eine Frau und ihre Hunde auf einer Tour durch Schwedens letzte Wildnis....und dann hat meiner meiner Hunde so ein Ding gerissen, dass ich beschlossen habe das hier aufzuschreiben.
Nach meiner Tour musste ich ja noch mit dem Welpen raus. Weil der Wind auch um den Stake-out rum blies und die Hunde heute hart gelaufen sind wollte ich ihnen einen Gefallen tun und habe sie in den Anhänger gelassen.
Der Anhänger, den ich dieses Jahr dabei habe, hatte ich von einem Bekannten bekommen. Der will den Hänger verkaufen und bot mir an, das Ding unter Extrembedingungen zu testen und eventuell anschliessend zu kaufen.
Der Hänger ist für Deutsche Schäferhunde gebaut worden und daher sehr geräumig. Die Wände zwischen den einzelnen Boxen können herausgenommen werden, weswegen diese Trennwände auch nicht bis unters Dach gehen, sondern etwas Platz zur Decke hin ist. Man kann die einzelnen Boxen mit einer Gittertür verschliessen bevor man die eigentliche Tür zu macht. Praktisch, wenn es mal etwas wärmer ist und man den Hunden einen Ausblick gönnen will.
Das wollte ich heute auch. Ich sperrte also die Hunde in die Box, schloss die Gittertür ab und liess die Aussentüren offen. Die Schlösser an den Gittertüren sind übrigens ausbruchsicher und unknackbar. Wichtig, wenn man Huskys hat.
Der Kleine sass also in seiner Box, nebenan in der Box sass das Schneewittchen. Das Schneewittchen holte ich aus der Box, liess die Gittertür offen. Dann gingen Schneewittchen und ich unseren täglichen Gang durch die Nachbarschaft. So ein Welpe will ja auch was sehen von der Welt. Nach einer Stunde liefen wir auf den letzten paar Metern bis zum Haus auf der Strasse, als der Kleine freudestrahlend auf mich zu galoppiert.
WTF???
Während ich meinen Hund einfange, frage ich mich wie der denn aus dem Anhänger gekommen sein kann, denn schliesslich hatte ich doch abgesperrt....oder?
Ein Blick auf den Hänger bringt Klarheit. Die Box vom Kleinen ist abgesperrt. Aber die Nachbarbox nicht...

Wir haben mal überlegt, gemessen und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: der Kleine, 62 cm Rückenhöhe, 25 Kilo Kampfgewicht, ca. 20 cm Rückenbreite, 18 cm Kopfbreite muss sich durch den 15 cm breiten Schlitz zwischen Decke des Hängers und der Trennwand gequetscht haben. Die Trennwand ist ca. 70 cm hoch. Es liegt der Verdacht nahe, dass er mittels Fosbury Flop über die Trennwand gegangen ist. Er muss zumindest kurzfristig eingeklemmt zwischen Decke und Trennwand ohne Bodenkontakt gewesen sein. Nicht auszudenken was alles hätte passieren können. Was wenn er Panik gekriegt hätte, als er eingeklemmt war.
Er ist aber unverletzt. Der beste Freund von allen dachte zuerst ich hät nicht richtig abgesperrt. Das hat er dann allerdings überprüft und festgestellt: die Box ist bombenfest zu und selbst für einen Husky ist das Schloss nicht zu knacken. Dass ein so grosser Hund durch einen 15 cm Schlitz passt, hat er nicht für möglich gehalten - dennoch ist es die einzige Erklärung.

Da sieht man aber vor allem mal wieder eins: mit einem Husky muss man jederzeit auf wirklich alles vorbereitet sein - selbst auf das Unmögliche

Dienstag, 14. Februar 2012

Schwedentagebuch : Dänen hören nicht

Im Haus neben unserem sind Sonntag die Dänen eingezogen. Die Dänen kommen wie wir jedes Jahr um die gleiche Zeit mit Kind und Kegel und vor allem mit ihren Malamuten. Ich habe nichts gegen Malamuten - aber ich habe etwas gegen DIESE Malamuten. Ihre dänischen Besitzer scheinen dem Glauben zu unterliegen, dass ein nordischer Hund auch wenn er es nicht von zuhause kennt sozusagen in seinen Genen fest verankert die Veranlagung dazu besitzt stundenlang im freien auf Schnee zu liegen und dekorativ vor dem falunröd-farbenen Schwedenhaus auszusehen.
Pünktlich gegen 8 Uhr morgens werden die Malamuten an ihren Ketten, die an einer Baumgruppe gut 200 m vom Haus entfernt angebracht wurden, angebunden. Dort bleiben diese Hunde dann bis ca. 22 Uhr abends. Das würde einem nicht gleich auffallen, würden die Hunde nicht ununterbrochen jaulen, schreien und heulen. Seit Sonntag geht das nun schon so und ehrlich gesagt liegen bei mir schon die Nerven blank. Ich stehe SO kurz davor rüber zu den Dänen zu marschieren und sie zu fragen ob ihre Hirnwindungen mit Schweineschmalz verklebt sind, dass man so einen Mist machen muss. Mir tun die Hunde furchtbar leid, die machen nicht den Eindruck, dass sie sowas gewohnt sind (welcher Hund ist das schon). Kein nordischer Hund, der im gemässigten dänischen Klima aufgewachsen ist, will 10 Stunden in der Kälte liegen. Die Jaulerei wird übrigens von den Besitzern gnadenlos ignoriert. Die Hunde widerum ignorieren gnadenlos die Annahme der Besitzer, dass sich die Malis schon irgendwann mit ihrem Schicksal abfinden und die Klappe halten werden...
Durch jahrelangen Kontakt mit Schlittenhundeleuten habe ich auch Malamutenbesitzer kennengelernt, die tatsächlich der Ansicht waren, dass der nordische Hund per se das abkönnen muss. Genetik und so. Ja nee is klar. Diese Leute gehören einfach auch mal 10 Stunden an eine kurze Kette in den Wind gehängt bei minus 15 Grad, mal sehen ob die noch von Genetik sprechen.

Vorgestern wurden die Malis dann tatsächlich mal eingespannt. Vor einen Schlitten, eine Person im Packsack, eine hinten drauf und dann wurde die Strasse runtergefahren. Weit kamen sie nicht. An der ersten gelben Stelle sprangen die beiden Malis mit Elan von der Strasse in den Tiefschnee und schnupperten ausgiebig.
Es dauerte dann auch ne ganze Weile bis die Dänen wieder zurückkamen. Ob das Spass macht? Ich bezweifle es...

Montag, 13. Februar 2012

Schwedentagebuch: Teil 1

Seit einer Woche sind wir wieder in Schweden. Im Vergleich mit den letzten Jahren haben wir wenig Schnee. Immer noch genug zum Fahren, aber wenn man einen Schritt vom Trail geht versinkt man nicht wie sonst bis zum Bauch sondern nur noch bis zum Knie. Global Warming und ihre Auswirkungen, jetzt auch hautnah gefühlt.
Das wirklich erstaunliche sind aber die Temperaturen. Eine Woche vor unserer Ankunft ist unseren Nachbarn bei minus 45 Grad die Autobatterie geplatzt. Die Teilnehmeranzahl beim Femundlopet, einem bekannten Langstreckenschlittenhunderennen wurde durch diese Temperaturen deutlich dezimiert. Über 40 Hunde, alles Rüden mussten wegen Erfrierungen an den Hoden aus dem Rennen genommen werden.
Seit wir hier sind ist es wärmer als zuhause. Während wir uns bei minus 8-15 Grad vorkommen wie in der Karibik hat es in weiten Teilen Deutschlands unter minus 20. Und da sagen meine Kollegen ich wäre irre, weil ich in die Kälte fahre. Hey, dieses Jahr bin ich mal eindeutig NICHT in die Kälte gefahren sondern vor ihr in die Wärme geflohen...!